Soll ich meinen Bausparvertrag kündigen?
Das Wesentliche zusammengefasst
- Ein Bausparvertrag ist sehr teuer, intransparent und unflexibel
- Verbraucherschutz-Organisationen raten vom Abschluss von Bausparverträgen ab
- Ein Bausparvertrag ist jederzeit kostenlos kündbar, wenn man die Kündigungsfristen beachtet
Ist Bausparen sinnvoll – ein Rechenbeispiel
Soll ich meinen Bausparvertrag kündigen? – Neben der privaten Lebens- und Rentenversicherung ist der Bausparvertrag in Deutschland und Österreich eine der beliebtesten Sparprodukte. Im guten Glauben wird er schnell abgeschlossen, ohne ihn wirklich zu hinterfragen. Dies ist aber bitter nötig, denn nach Abzug der Inflation und Kosten bleibt wenig übrig. Wenn man sachlich nachrechnet, sind Bausparverträge die teuerste Art, ein Eigenheim zu finanzieren. Verbraucherschutz-Organisationen bemängeln dies seit Jahren. Sie warnen vor überteuerten Verträgen mit viel zu hohen Abschlusskosten. Hier das Rechenbeispiel eines Originalangebotes einer deutschen Bausparkasse aus dem Jahr 2018:
Lohnt sich Bausparen wirklich?
Angebot Bausparkasse | Fonds oder ETF Alternative | |
---|---|---|
Ansparphase | 15 Jahre | 15 Jahre |
Bausparsumme/benötigte Geldsumme | 100.000 € | 100.000 € |
Guthabenzins pro Jahr | 0,1 % | 6 % |
Einmalige Abschlussgebühren 1 % | 1000 € | keine |
Jährliche Gebühren | 12 € | 1 % (abhängig vom Depotvolumen) |
Effektive Darlehenszinsen pro Jahr | 2,65 % | noch nicht bekannt |
Monatliche Ansparrate | 232 € | 232 € |
Einzahlung in 15 Jahren | 41.760 € | 41.760 € |
Guthaben nach 15 Jahren | 40.179 € | 58.772 € |
Gewinn/Verlust in Ansparphase | - 1.581 € | + 18.593 € |
Bauspardarlehen/ Bankdarlehen (11,43 % Zins) | 59.821 € | 41.228 € |
Monatliche Rückzahlungsrate: Zins und Tilgung | 600 € | 600 € |
Rückzahlungszeit | 9 Jahre, 4 Monate | 9 Jahre, 4 Monate |
Restschuld | 0 € | 0 € |
Originalangebot einer deutschen Bausparkasse im Vergleich mit einem konservativen Fonds- oder ETF-Alternative
Zur Erklärung: Es wird angenommen, dass ein Kunde eine Bausparsumme von 100.000 € monatlich 232 € mit einer Verzinsung von 0,1 % pro Jahr anspart. Es wird vernachlässigt, dass man heutzutage mit einer Summe von 100.000 € kein Haus mehr kaufen kann. Nach 15 Jahren hätte man nach Abzug der Abschlussgebühren von 1.000 € und 12 € jährlichen Kontogebühren ein Guthaben von 40.179 €, also weniger als die Einzahlung von 41.760 €.
Hier entsteht also schon ein Verlust von 1.581 € in der Ansparphase. Ist ein Guthaben in Höhe von ca. 40 % der Bausparsumme erreicht und der Vertrag damit zuteilungsreif, kann man ein Darlehen in Höhe von 59.821 € mit einem effektiven Zinssatz von 2,65 % pro Jahr in Anspruch nehmen. Wenn der Bausparer nach 15 Jahren das Darlehen bekommt, zahlt er es mit einer Rate von 600 € monatlich ab und ist nach 9 Jahren und 4 Monaten schuldenfrei. Die Alternative nutzt die gleichen Rahmenbedingungen wie beim Bausparvertrag und investiert in einen oder mehrere Fonds oder ETF’s mit einer Nettorendite von 5 % pro Jahr. Diese Renditeerwartung ergibt sich aus 6 % pro Jahr abzüglich 1 % pauschal angenommener Verwaltungsgebühr. Nach 15 Jahren besitzt man nach Steuerabzug ein Guthaben von 58.772 € oder kann einen Gewinn von 18.593 € verbuchen. Je mehr eigenes Geld man zur Verfügung hat, desto weniger Geld muss man sich von anderen leihen. In diesem Fall läge der Darlehensbetrag nur noch bei 41.228 €. Das ist deutlich weniger als die Kreditsumme von 59.821 € bei der Bausparkasse. Allerdings hat man keine Zinsgarantie, da man nicht weiß, wie hoch die Darlehenszinsen in 15 Jahren sind.
Schönheit vergeht, finanzielle Intelligenz bleibt.
Man muss also ein Bankdarlehen für die 41.228 € aufnehmen. Die Rate von 600 € monatlich behält man bei, um direkt vergleichen zu können. Darüber hinaus wollen wir im selben Zeitraum schuldenfrei sein.
Um tatsächlich schlechter gestellt zu sein als beim Bausparvertrag, müsste der Zinssatz des Bankdarlehens auf über 11,4 % pro Jahr steigen. Erst dann würde sich das Bausparen lohnen. Aktuell belaufen sich die Zinsen für ein 10-jähriges Darlehen bei der Bank auf rund 1 % pro Jahr. Ein so hoher Zinsanstieg ist vollkommen ausgeschlossen!
Alternativen zum Bausparvertrag
Soll ich meinen Bausparvertrag kündigen? – Es ist absurd, dass man 15 Jahre in einen Vertrag einzahlt und am Ende nicht einmal die eingezahlten Beiträge erwirtschaftet hat! Die hohen Abschlussgebühren, die magere Rendite und die Inflation machen den Bausparvertrag zu einem sehr teuren und unrentablen Geschäft für den Kunden, trotz staatlicher Förderung.
In dieser zinslosen Zeit gibt es nur wenige Alternativen zum Bausparvertrag. Die attraktivste und kostengünstigste ist ein Fonds- oder ETF-Portfolio. Bausparverträge werden immer langfristig abgeschlossen, also mindestens 5 Jahre, oft laufen diese auch 15 Jahre und mehr. Genauso verhält es sich bei aktiven Investmentfonds oder passiven ETFs. Je länger man das Geld anlegen will, desto besser. Mit einem ausgewogenen Portfolio und der nötigen Anlagedauer kann man Schwankungen am Kapitalmarkt leicht aussitzen. Das Geld ist tagtäglich verfügbar, und man hat höchstmögliche Flexibilität. Wie das obige Rechenbeispiel zeigt, ist ein Fonds- oder ETF-Portfolio eine günstige und renditestarke Alternative zum Bausparvertrag. Ein Bausparvertrag hat in zinslosen Zeiten keine Daseinsberechtigung mehr.
Kann ich meinen Bausparvertrag kündigen?
Soll ich meinen Bausparvertrag kündigen? – Einen Bausparvertrag kann man jederzeit kostenlos innerhalb von zwei bis sechs Monaten kündigen. Wenn man vor den ersten 7 Jahren kündigt, verfällt die Wohnungsbauprämie sowie der Anspruch auf das Darlehen. Die Kündigungsfristen sind von Bausparkasse zu Bausparkasse unterschiedlich. Diese findet man in der Regel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der jeweiligen Bausparkasse. Einen Bausparvertrag kann man nur komplett auszahlen lassen. Teilbeträge können nicht ausbezahlt werden. Die Abschlussgebühren werden bei einer Kündigung nicht erstattet. Man erhält bei Kündigung das angesparte Geld sowie die bis dahin gewährten Zinsen. Prinzipiell hängt es davon ab, in welcher Phase des Vertrages man diesen kündigt.
Kündigung in der Ansparphase
Bevor man den Vertrag auszahlen lassen kann, muss man diesen erst kündigen. Nach der Kündigungsfrist kann man dann über das Guthaben verfügen. Manchmal kann man auch früher über das Geld verfügen, muss aber oftmals mit einer Vorfälligkeitsentschädigung rechnen, also einer Kündigungsgebühr.
Gebühr und Kosten für eine Kündigung
Wenn man innerhalb der Kündigungsfrist den Bausparvertrag kündigen will, kann es zu Kündigungsgebühren kommen. Diese Vorfälligkeitsentschädigung wird auch Auszahlungsabschlag genannt. Die Entschädigung beträgt in der Regel zwischen 0,5 % und 1 % des Guthabens für jeden Monat, den man das Geld früher braucht, als bei fristgerechter Kündigung. Bei einem Guthaben von 30.000 € sind das 300 € pro Monat.
Kündigung in der Zuteilungsphase
Ist der Bausparvertrag zuteilungsreif, entstehen für die Kündigung und somit Auszahlung der angesparten Summe keine Kosten. Das Guthaben wird mit Zinsen überwiesen. Man kann entscheiden, ob man das angebotene Bauspardarlehen nutzen möchte oder nicht.
Soll ich meinen Bausparvertrag kündigen? – Ein Musterschreiben
Wer seinen Bausparvertrag kündigen will, findet hier eine Vorlage.
Bausparkasse XY
Straße
PLZ, Ort
Datum …
Betreff: Kündigung meines Bausparvertrages mit der Nummer ….
Hiermit kündige ich mit sofortiger Wirkung meinen Bausparvertrag mit der Nummer …
Ich bitte Sie, das Guthaben auf folgendes Konto zu überweisen.
Inhaber: Maximilian Mustermann
IBAN: DE 01 0000 0000 0000
BIC: XYZ
Ich bitte um eine schriftliche Kündigungsbestätigung.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Mustermann
Bausparkassen kündigen von sich aus die alten Verträge
Bausparkassen dürfen auch Bausparverträge kündigen, sofern der Kunde die Bausparsumme komplett angespart hat und trotzdem weiterhin einzahlt. Laut Bundesgerichtshof (BGH) vom Februar 2017 dürfen Bausparkassen Verträge kündigen, die schon mehr als ein Jahrzehnt zuteilungsreif sind, auch wenn diese noch nicht voll bespart sind. Dies trifft oftmals die alten Verträge, die noch hohe Guthabenzinsen haben. Die gesetzliche Rente wird nicht besser, nach Inflation eher schlechter. Die Alternativen zu alten, hoch verzinsten Bausparverträgen sind denkbar einfach, kostengünstig und renditestark. Der Bausparvertrag hat ausgedient.
Einzelnachweise
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